Route 6: Die große West-Ost-Route
Diese Route ist unsere weiteste und führt in entlegene Gebiete, im
Osten fast bis an die Grenze zum Oman. Auf unserem Weg treffen wir auf
bekannte und unbekannte Aspekte des Landes und berühren in unseren
langen Fahrten alle charakteristischen Landschaften des Jemen mit
Ausnahme des Nordens. Naturerlebnisse wechseln mit kulturellen
Eindrücken und sind harmonisch aufeinander abgestimmt.
Wir fahren von Sana’a über das Haraz-Gebirge an das Rote Meer, folgen
ein Stück der Küste durch die Tihama nach Süden, biegen dann wieder
landeinwärts ins grüne Taiz, gelangen bei Aden an die Küste des
Arabischen Meeres und folgen dieser drei Tage lange ostwärts bis nach
Al-Ghaydah ins touristisch unerschlossene Mahraland. Mit
Badeunterbrechungen fahren wir zurück nach Al-Mukalla, von dort über
das steinerne Hochland des Djol nordwärts ins Hadramaut und über Marib
zurück nach Sana’a.
In 15 Reisetagen bewältigen wir einige tausend
Kilometer, zumeist auf den neuerdings sehr gut ausgebauten Strassen.
1. Tag | Ankunft Sana’a
Unterbringung in einem Altstadthotel in einem traditionellen Haus; wenn wir genügend Zeit haben, Besuch des Nationalmuseums in Sana’a, das erst kürzlich nach mehrjähriger Schließung wieder eröffnete, mit Schätzen aus allen kulturgeschichtlichen Epochen Arabiens.
2. Tag | Sana’a – Manakha - Al-Hudaydah
Von Sana’a fahren wir westlich am höchsten Berg des Landes, dem Jabel
Nabi Schuayb (3.660 Meter) vorbei durch das Haraz-Gebirge nach Manakha.
Die Stadt liegt inmitten einer terrassierten Kulturlandschaft in 2.250
m Höhe. Die Bergwelt ist hier besonders eindrucksstark. Über die an der
Strasse gelegenen Orte Hajjarah und Al-Hotaib (ismaelitischer
Wallfahrtsort) fahren wir südlich des Wadi Surdud in die heiße
Küstenebene Tihama, die nicht nur klimatisch, sondern auch im Baustil
(Rundhütten) an Nordafrika erinnert.
Die Küstenregionen am Roten Meer
sind ganzjährig warm bis heiß und haben eine eigentümliche Vegetation,
in der Stechpalmen in der Dünenlandschaft am Meer vorherrschen. An der
Küste fahren wir südwärts nach Al-Hudaydah, der größten, am Roten Meer
gelegenen Stadt des Jemen. Wie in vielen anderen Städten gab es auch
dort in den letzten Jahren einen Bauboom. Übernachtung in Al-Hudaydah.
3. Tag | Al-Hudaydah - Beit Al-Faqih - Al-Chocha
Wir besuchen am Morgen den berühmten Fischmarkt von Al-Hudaydah, an dem
frisch gefangene Krustentiere, Fische aller Art und zahlreiche
Haisorten umgeschlagen werden. Im Hafen liegen die bunten Daus der
Fischer im Roten Meer. Am späteren Vormittag fahren wir weiter südwärts
nach Beit-al-Faqih, einer Stadt, deren bedeutende Altstadt mit
zahlreichen Moscheen und einem großen Palast zunehmend verfällt und im
Müll erstickt.
Beit-al-Faqih ist berühmt für seinen Wochenmarkt mit
Produkten aus der Tihama, darunter den für diese Landschaft typischen
geflochtenen Hochbetten, Korbwaren aller Art und Töpferprodukten. Zum
Baden fahren wir in das am Roten Meer gelegene Feriendorf Al-Chocha, wo
wir in Bugalows übernachten.
4. Tag | Al-Chocha– Taiz
Am Morgen nach dem Bad im Roten Meer dreistündige Fahrt nach Taiz, der
drittgrößten Stadt des Landes am Fuße des 3000 m hohen Jabel Saber. In
Taiz stehen mehrere Moscheen aus dem 13. und dem 14.Jahrhundert. Wir
besichtigen die Ashrafiah-Moschee, die auf einem kürzlich freigelegten
älteren Unterbau ruht und eine aufwendige Anlage zur rituellen
Reinigung besitzt.
Besuch im großen Suq von Taiz und in einem kuriosen
Museum, das ein unglaubliches Sammelsurium aus dem Inventar eines
reichen Kolonialhauses der 30er Jahre präsentiert. Ausflug auf die
halbe Höhe des Jabel Saber mit Aussicht auf die Stadt. Übernachtung in
einem zentralen Hotel in Taiz.
5. Tag | Taiz – Aden
Wir brechen morgens auf und erreichen Aden in rund 3-stündiger Fahrt vom Bergland in die allmählich karger werdende Küstenzone um Aden. In Aden Rundfahrt durch die an einem erloschenen Vulkan vor der Küste im Meer liegenden alten Stadtteile Krater, Mualla und Al-Tawilah. Besichtigung der historischen Zisternenanlage im Stadtteil Krater und des „Steamers’ Point“, an dem zu britischen Kolonialzeiten die Passagiere der großen Dampfer abgefertigt wurden. Übernachtung in Aden.
6. Tag | Aden – Bir Ali
Morgens Fahrt an der Südküste am Golf von Aden entlang mit Abstecher
ins Hinterland bei Habban nach Bir Ali. Baden und Camping in einer
traumhaften Sandbucht am Fuße des Husn-al-Ghurab (Krähennest), eines
steinzeitlich besiedelten Felsens über den im Meer versunkenen Ruinen
der antiken Hafenstadt Qana.
Wir sind an der Endstation der
Weihrauchstrasse, die den Jahrhunderte währenden Handelsreichtum
Arabiens begründete. Krabben bauen sich hier im Sand trichterförmige
Schlupfe, so dass der Strand wie eine Minikraterlandschaft aussieht.
Wenn wir am nächsten Morgen beim Frühbad Glück haben, sehen wir nahe
der Küste einen Delfinschwarm, wie er sich dort manchmal eine halbe
Stunde lang tummelt. Zeltübernachtung.
7. Tag | Bir Ali – Sharmah
Wir fahren einige hundert Kilometer am indischen Ozean durch
abwechslungsreiche Formationen aus Lavagestein. Ein kurzer Wanderweg
führt zu einem am Meer gelegenen Krater, in dem sich hoch über dem
blauen Ozean ein grüner Süßwassersee gebildet hat. Schwarze Lava und
weißer Sand mischen sich in den Krater- und Dünenlandschaften an der
spärlich besiedelten Küste.
Nur um die sich rasch ausbreitende Stadt
Al-Mukalla herrscht reges Getriebe, sonst sehen wir von Zeit zu Zeit
Fischerdörfer. Wir beschließen den Tag, wie wir ihn in Bir Ali begonnen
haben: mit einem Bad in einer sanften Bucht, diesmal in Sharmah an
einen biologisch interessanten Platz: Dort legen nämlich zu bestimmten
Jahreszeiten Riesenschildkröten ihre Eier im Sand ab. Zeltübernachtung.
8. Tag | Sharmah – Al-Ghaydah
Nach dem Baden am Morgen Weiterfahrt nach Seyhut mit zwei imposanten
Kuppelgräbern beim Ortseingang. Besichtigung der schönen, leider
verfallenden Altstadt mit Palästen, die vom ehemaligen Reichtum des
Weihrauchhafens zeugen. Weiterfahrt nach Al-Ghaydah durch eine hügelige
Küstenzone, die immer wieder von schönen Badestränden unterbrochen
wird.
Diese Strecke wurde erst kürzlich ausgebaut und lässt uns nun
unseren östlichsten Punkt, Al Ghaydhah, in einer gemütlichen
Tagesstrecke erreichen. Wir gelangen hier in das Kernland des
Weihrauchs (arab. Buhur), der Wirtschaft und Mythos des Jemen über die
Jahrhunderte prägte. Die Kleinstadt Al-Ghaydah mit Hafen und Flughafen
ist ein Vorposten für Reisen ins Mahraland und für die Erdölexploration
in dieser Zone. Sie ist touristisch noch kaum erschlossen und erlaubt
daher einen unverfälschten Einblick in ostjemenitisches
Kleinstadtleben.
Von Al-Ghaydah kann man 3mal wöchentlich mit dem Bus
in das nahe gelegene Feriendomizil Salalah im Oman fahren(Visum
erforderlich). Hotelübernachtung in Al-Ghaydah.
9. Tag | Al-Ghaydah - Al-Mukalla
Wir fahren die Küstenstrecke nun in umgekehrter Richtung westwärts und
erreichen nach Badestopps gegen Abend Mukalla wo wir die Altstadt und
den Suk besuchen. Die Altstadt von Mukalla, Hafen und Hauptstadt des
Hadramaut, liegt unterhalb einer vulkanischen Klippe; die Stadt hat
sich in den letzten Jahren wie in einem Boom entlang der Küste nach
Osten und Westen ausgedehnt. Palastartige Villen und breite Boulevards
künden von einem neuen Reichtum.
Wie der gesamte Süden wurde Al-Mukalla
nach dem Ende der antiklerikal-marxistischen Periode seit 1994
verstärkt wahabitisch missioniert (das ist eine streng puritanische
Auslegung des Islam in Saudiarabien). Die religiöse Strenge ist vor
allem im Fastenmonat und an den Freitagen zu spüren. Übernachtung in
Al-Mukalla.
10. Tag | Al-Mukalla – Wadi Dawan – Sif
Am Morgen verlassen wir die Küste und schlagen nicht die verkehrsreiche
Hauptroute in den Hadramaut ein, sondern wir nehmen die Strasse, die
landschaftlich und kulturhistorisch interessantere Route durch das Wadi
Dawan, die über Al-Qatn in den Hadramaut führt. Wir fahren zunächst von
der Küste nordwestlich durch eine Tafelgebirgslandschaft und queren
dann den Djol , eine unfruchtbare steinerne Hochebene, die nur dünn von
Viehzucht treibenden Beduinen besiedelt ist. Die Landschaft ist bizarr
und streng zugleich.
Die Abfahrt in das subtropische, fruchtbare Wadi
Dawan erscheint uns dann wie ein Weg ins Paradies. Das Wadi Dawan ist
das berühmteste Seitental des Hadramaut. Es erstreckt sich 60 km in
Nord-Südrichtung und besticht durch die fast rosafarbenen
Sandsteinkulissen, die sich zum Unterlauf hin erweitern.
Im zunächst
sehr schmalen Talboden wächst auf engstem Raum tropische Vegetation,
und es wird intensive Landwirtschaft betrieben. Um das kostbare und
knappe Ackerland zu sparen, hat man die Städtchen und Dörfer an die
Felsen geklebt und mit bis zu zehn Stockwerken in die Höhe gebaut. Die
zwei alten Lehmstädte Khoreibah und Al-Hajjarein sind die
eindrucksvollsten im Wadi. Wir übernachten in der Ortschaft Sif in der
Talmitte.
11. Tag | Sif - Shibam/Hadramaut – Sayun
Wir fahren morgens talabwärts, besichtigen Al-Hajjarein und gelangen
dann aus dem Wadi Dawan auf die Hauptstrecke in den Hadramaut, das
größte Wadi Jemens, das seit altersher Wirtschafts-, Kultur- und
Verkehrszentrum ist.
Viele Hadramautis sind vor Jahrhunderten in den
indischen Subkontinent ausgewandert und haben von dort Gebräuche,
Baustil und oft auch Familien hierher mitgebracht. Das „indische“
Element ist überall im Hadramaut präsent, besonders in den prunkvollen
Palastbauten im Maharadschastil. Wir besichtigen zunächst Shibam, die
am wenigsten indische und mit ihren Lehmhochbauten am meisten
jemenitische Stadt des Hadramaut.
Die “Wolkenkratzer“ drängen sich,
umgeben von einer Stadtmauer, auf engstem Raum um schmale
labyrinthische Gassen. Durch Fenster- und Lüftungsöffnungen an den
Fassaden lässt sich das raffinierte Kühl- und Lüftungssystem studieren,
das durch einen Mittelschacht im Hausinneren für ständigen
Luftaustausch und frische Kühlung sorgt. Shibam war nach Shabwah
Haupstadt des alten Königreiches Hadramaut. Etwas Besonderes ist auch
die kunsthandwerkliche Fertigung von Holztüren und -fenstern. Weiterfahrt nach Sayun, dort Übernachtung.
12. Tag | Sayun – Tarim – Sayun
Diesen Tag verbringen wir in den beiden wichtigsten Städten des
Hadramaut. Er erstreckt sich im Zentrum des Landes von West nach Ost
und endet im Wadi Massilah, das nach 400 km im Bogen nach Süden in den
Indischen Ozean mündet. In der Antike wurde der Hadramaut das " Heilige
Land" genannt. Heute präsentiert sich das Wadi als fruchtbare
Flussoase, umgeben von kilometerlangen Dattelpalmwäldern und
eingegrenzt von imposanten Tafelbergen. Es ist wie seit der Antike
geschäftiges Wirtschafts- und Handelszentrum.
In dieser
Kulturlandschaft liegen die drei Städte Shibam, Sayun und Tarim. Sayun
liegt im Zentrum des Wadi Hadramaut und ist ehemaliger Wohnsitz der
Kathiri-Sultane. Im Sultanspalast am Hauptplatz ist nun ein
kulturgeschichtliches Museum eingerichtet. Aus großartigem Schnitzwerk
bestehen nicht nur die Fenster des Palastes, sondern auch diverse Tore
und Türen. Typisch für Sayun und Tarim ist der Maharadscha-Baustil der
Paläste.
Tarim ist seit dem 10.Jahrhundert ein Gelehrtenzentrum und gilt heute
als konservativ. In der Stadtmitte stehen das höchste Minarett Arabiens
(50m) und zahlreiche Paläste, darunter jener des Sultans Kaf, dessen
Räume auch ohne museale Sammlung imponieren. Tarim verfügt in der
Ahgaf-Bibliothek über eine erlesene Schriftensammlung. Übernachtung in Sayun.
13. Tag | Sayun – Wüste – Marib
Von Sayun aus fahren wir über Shibam westwärts zum Verkehrsknotenpunkt
al-Qatn, der das Ende des Hadramaut markiert. Das Tal hat sich nun
verbreitert und abgeflacht und geht in eine große Wüstenzone über. Wir
fahren ostwärts 6 Stunden durch die Wüste „Ramlat al Sabatayn“, einen
Ausläufer der großen arabischen Wüste Rhub Al-Khali (das leere
Viertel). Die Wüstenlandschaft ist abwechslungsreich mit ihren Stein-,
Sand-, Dünen- und Bergformationen. Vor Marib erreichen wir Safir, einen
metallenen Riesenkomplex auf Erdölquellen, der sich wie eine
Endzeit-Fata-Morgana aus dem Wüstensand erhebt.
Wir erreichen Marib von
Westen und spüren gleich, dass wir vom Hadramaut kommend hier in eine
andere Welt eintreten, die einerseits stark vom Wüstenleben der
Beduinenstämme und ihrem Hang zur Bewaffnung geprägt ist, die aber
andererseits durch den neuen Ölreichtum und die Ölbohrungen im Umland
zu einem Boom-Ort geworden ist. Hotelübernachtung in Marib.
14. Tag | Marib – Sana’a
Marib als ehemalige Hauptstadt des sabäischen Reiches bietet eine große
Zahl von sehenswerten Bauten und Anlagen. Da sind vor allem der neue
und der alte Damm, der von seinem Bau im ersten vorchristlichen
Jahrtausend bis zum Dammbruch im 5. Jahrhundert n.u.Z. mehrere 100
Hektar bewässerte und so die Blüte der Hauptstadt Marib begründete. Gut
erhalten sind Nord- und Südschleuse des Dammes.
Besichtigen kann man
auch den Mondtempel „Arsh Bilquis“ sowie den Almaqatempel mit 8 Meter
hohen Monolithen. Alt-Marib, die ehemalige Hauptstadt der legendären
Bilquis, Königin von Saba, liegt außerhalb der neuen Stadt und ist nun
fast verlassen. Einige Gewölbe zeugen von der früheren Pracht.
Weiterfahrt nach Sana’a über die Nordroute und 2.800 Meter hohe Pässe
durch die großen Qatanbaugebiete nach Sana’a. Dort Übernachtung im
Altstadthotel.
15. Tag | Sana’a - Wadi Dhahr – Abreise
Besuch des Nationalmuseums in Sana’a, das erst kürzlich nach
mehrjähriger Schließung wieder eröffnete, mit Schätzen aus allen
kulturgeschichtlichen Epochen Arabiens. Nach dem Mittagessen Fahrt ins
Wadi Dahr, ein beliebtes Ausflugsziel der San’aer. Jeweils freitags
finden dort auf einem Plateau über dem Tal Hochzeitszeremonien statt,
bei denen Männer die Bara, einen Kampftanz mit dem traditionellen
Krummdolch Djambia tanzen.
Dann Abfahrt ins Tal durch fruchtbare
Obstgärten und Besichtigung des „Dar Imam Yahya“ oder „Dar-al-Hajjar“,
des wohl am häufigsten abgebildeten Fotomotivs aus dem Jemen. Der auf
einem Felsen errichtete Palast hat eine eigene Zisterne und ein
ausgeklügeltes Lüftungs- und Kühlungssystem und kann über alle
Stockwerke besichtigt werden.
Rückfahrt nach Sana’a, Spaziergang durch die Altstadt. Transfer zum Flughafen.