Der Jemen – Daten und Fakten
Fläche
536.869 qkm
Jemen ist nach Saudi-Arabien das flächenmäßig zweitgrößte Land der
Arabischen Halbinsel und etwa eineinhalbmal so groß wie Deutschland.
Das Land liegt im Südosten der Arabischen Halbinsel (Südwest-Asien).
Sie befindet sich zwischen dem 12. und dem 20. Breitengrad nördlich
des Äquators und zwischen dem 41. und dem 45. Längengrad. Der Jemen ist ein Randland Asiens und grenzt mit dem Roten Meer direkt an Afrika.
Bevölkerungszahl
20.764.630 (2006)
Bevölkerungsdichte
39 pro qkm
Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte ist sehr unterschiedlich, vor
allem viele östliche Gebiete (Mahraland) sind nahezu menschenleer. 31 %
der Bevölkerung leben in Städten, der Rest als Bauern vorwiegend im
westlichen Teil, im Bergjemen. Mehr als 50 % der Bevölkerung sind unter
20 Jahre alt.
Hauptstadt
Sana’a. Einwohner: 1.921.590 (2006)
Wirtschafts- und Handelshauptstadt: Aden
Geographie
Jemen grenzt im Norden an Saudi-Arabien, im Osten an Oman und im Süden an den Golf von Aden, im Westen liegt das Rote Meer. Nachbarn übers Meer sind Äthiopien, Eritrea, Djibouti und Somalia. Die
Inseln Perim und Kamaran im Roten Meer und Soqotra im Indischen Ozean
gehören auch zu Jemen. Das Land ist vielgestaltig mit Küstenstreifen,
Gebirgszügen, Hochplateaus, Sand- und Steinwüsten. Vom Roten Meer
steigt das Land über den feucht-heißen Küstenstreifen Tihama zum
gebirgigen Grünen Jemen an. Der höchste Gipfel ist der Jabel Nabi
Showai. Die zwischen 50 und 100 km breite Tihama ist eine flache
Halbwüste an der Westküste. In den Tälern wird Landwirtschaft betrieben
sowie Baumwolle und Getreide angebaut. Das Mittelgebirge ist bis zu den
Höhen auf Terrassen kultiviert. In den Höhen wachsen Kaffee und Qat.
Der Bergjemen, der sich östlich an die Tihama anschließt, verläuft auf
einer Breite von bis zu 200 km ebenfalls in Nord-Süd Richtung. Im Osten fallen die Berge zur arabischen Wüste Rub al-Khali (Leeres
Viertel) hin ab. Auch die Wüste ist in ihren Formationen vielgestaltig.
Eine Besonderheit ist der Hadramaut, ein halbmondförmiges Wadi, das in
Ost-West-Richtung verläuft und in dessen Senke fruchtbare Oasen liegen,
welche den Reichtum des Landes begründet haben.
Staatsform
Islamische Präsidialrepublik seit 1991. Neue Verfassung von 2001.
Parlament mit 301 Mitgliedern. Staatsoberhaupt: Abdrubbah Mansur Hadi seit 2012.
Sprache
Amtssprache ist Arabisch (im jemenitischen Dialekt). In Städten wird teilweise Englisch gesprochen.
Religion
Islam. Kleine christliche und hinduistische Minderheit. Im Norden
des Landes finden sich vorwiegend Vertreter der zaiditischen
Glaubensrichtung, während die sunnitischen und die schafiitischen
Glaubensgemeinschaften vorwiegend in der südlichen Landeshälfte zu
finden sind. Die jemenitischen Juden haben bis auf wenige Familien
sämtlich das Land verlassen und leben heute in Israel oder Amerika. Weite Bevölkerungsschichten des Jemen sind in uralte Stammesstrukturen
eingebunden, deren Ursprünge weit vor die Geburt des Propheten
zurückgehen.
Politik
Nach der Proklamation der Republik Jemen am 22. Mai 1990 wurde das seit mehr als hundert Jahren getrennte Staatsgebiet vereinigt und in 17, seit 2004 in 20 Regierungsbezirke (Muhafatha) unterteilt: Abyan, Aden, Al-Bayda, Al-Dali, Al-Hudaydah, Al-Jawf, Al-Mahrah, Al-Mahwit, Amran, Dhamar, Hadramaut, Hajjah, Ibb, Lahij, Marib, Raimah, Sadah, Sana'a, Shabwah und Taiz. Die Vereinigung wurde von den Südjemen als einseitig und ungerecht empfunden, 2004 kam es zu einem kurzen, heftigen Bürgerkrieg, in dessen Folge der Norden den Süden besiegte und unterjochte. Die jemenitische Regierungsform von 1990 bis 2011 könnte man als Variante einer autoritären Präsidialdemokratie mit starkem
tribalistischem und miltärischem Einfluss bezeichnen.
Zwar gab es ein Parlament, Oppositionsparteien und demokratische Institutionen sowie einen gewissen Grad an Pressenfreiheit, doch standen alle wichtigen Entscheidungsinstanzen im Machtbereich des Präsidenten Ali Abdullah Saleh, seiner Familie und seiner Günstlinge. Ali Abdullah Saleh hat in den über 30 Jahren seiner Regierung die Unterschiede zwischen den Agenda des Staates und seinen persönlichen aufgehoben und Mitglieder seiner Familie in die wichtigsten Schlüsselpositionen in Militär und Wirtschaft gehievt. 30 Jahre Regentschaft gelangen ihm auch deshalb, weil er Konflikte schürte oder erst schuf, Parteien gegeneinander ausspielte, Bedrohungsszenarien inszenierte und sich vor der internationalen Politik als Dompteur der kriegslüsternen Jemeniten ("Tanz auf den Köpfen der Schlangen" nannte er sein Amt) profilierte. In den letzten Jahren wuchsen Korruption und Klientelwirtschaft ins Unermessliche, was seiner Klientel zunehmenden Reichtum brachte, die Mehrzahl der Jemeniten aber verarmen ließ. Die Wirtschaftskrise von 2008, welche die Entwicklungsländer mit der erheblichen Verteuerung der Grundnahrungsmittel am schwersten traf, brachte das Fass in den arabischen Ländern zum Überlaufen und führte zum "Arabischen Frühling".
Im Januar 2011 versammelten sich Protestierer, darunter zunehmend Frauen zur "Thoura" (Revolution) am Platz vor dem Universitätseingang in der Hauptstadt Sanaa zum friedlichen Protest. Im Laufe der Monate schwoll die Protestwelle in vielen Städten des Landes, besonders in Taiz und Sanaa, auf hunterttausende Teilnehmer an den Freitagsdemonstrationen an. Trotz Massaker in Sanaa und Taiz, bei denen hunderte unbewaffnete Demonstranten, darunter Frauen und Kinder, von Heckenschützen der Republikanischen Garde eschossen wurden, ließen sich die Demonstranten weder einschüchtern noch entmutigen. Im Juni verletzte eine Bombe den Präsidenten und Mitglieder seiner Regierung schwer. Dennoch kämpfte er bis November 2011 um den Macherhalt, erst dann unterzeichnete er einen Ausstiegs- und Übergangsplan des Golfrates, der ihm und seiner Klientel bei Rückzug Straffreiheit zusicherte.
Die Protestbewegung besteht auch nach der Wahl des Übergangskandidaten Abdrubbah Hadi Mansur (einziger Kandidat bei einer Wahlbeteiligung von ca 65%) weiter und will sich erst auflösen, wenn all Forderungen erfüllt sind. Zu ihren Forderungen gehören u.a. Aufhebung der Immunität und gerichtliche Verfolgung der Verantwortlichen für die Toten des Aufstands, Demokratisierung auf allen gesellschaflichen Ebenen, Beteiligung von Mitgliedern der Jugendbewegung, welche die "Thoura" trägt, an der Regierung und den Entscheidungsfindungen, Presse- und Meinungsfreiheit. Botschafterin der Jugendbewegung ist Tawakkul Karman, diesjährige Friedensnobelpreisträgerin, welche die Anliegen des "Neuen Jemen" auch international lautstark vertritt und zum Symbol der starken Position der jemenitischen Frauen wurde. Das Kabinett von Hadi Mansur, das halb aus Mitgliedern der früheren Regierungspartei Allgemeiner Volkskongress und halb aus der Vereinigten Opposition besteht, steht vor schier unlösbaren Aufgaben. Vorrangig ist wohl die Wiederherstellung von Sicherheit für die Bevölkerung, denn Sicherheit gibt es zur Zeit nicht - teils aus Versagen bzw. Obstruktion der Sicherheitskräfte, teils aufgrund des Vormarsches von AlQaida und anderer bewaffnete Milizen, welche sich das Sicherheitsvakuum zunutze machten, teils durch Kräfte, welche die Abspaltung des Südens und der Nordregion betreiben. Garanten für eine positive Entwicklung sind derzeit vor allem die Friedfertigkeit und Solidarität der Bevölkerung und ihre Leidensfähigkeit, denn viele JemenitInnen mussten die letzten Monate einen harten Überlebenskampf ohne Strom, mit knappem Wasser, Benzin zu Schwarzmarktpreisen, Kochgasknappheit, ohne Diesel für die Wasserpumpen, bis zu 200% gestiegenen Lebensmittelpreisen bei 70% Arbeitslosigkeit führen.